
03.10.2025. 22:00 Uhr. Düppenweiler.
Wieder einmal klingelte unser Notruf, als die Lichter der “offiziellen” Welt längst erloschen waren. Ein verletzter Greifvogel wurde gemeldet. Sofort machte sich eines unserer Mitglieder auf den Weg, wohlwissend, dass es eine lange Nacht werden würde.
Vor Ort warteten die Finder, denen wir von Herzen für ihren Anruf danken. Sie übergaben uns einen prächtigen, aber völlig erschöpften Mäusebussard. Seine sonst so stolze Haltung war gebrochen. Er zeigte kaum noch Abwehr, und das ist immer ein alarmierendes Zeichen.
Zuerst die Erleichterung: Die Flügel schienen intakt, kein offensichtlicher Bruch. Doch dann der Schock: Der Kopf war seltsam verdreht, das linke Auge geschlossen. Der dringende, furchtbare Verdacht: ein Schweres Schädel-Hirn-Trauma. Die Finder hatten ihn auf einem Feld liegend gefunden. Alles deutete auf das Grauen hin, das wir so oft erleben: Eine Kollision mit einem Auto.
Wir sprechen hier von einem großen Vogel. Es ist absolut unwahrscheinlich, dass der Fahrer oder die Fahrerin diesen Aufprall nicht bemerkt hat. Aber wie so oft, regierte die feige Gleichgültigkeit. Statt anzuhalten, nachzusehen, vielleicht einen kurzen Anruf zu tätigen – einfach weiterfahren. Ihn liegen lassen.
Wir betteten den Bussard so vorsichtig wie möglich, verdunkelten seine Transportbox und machten uns auf den Weg zur nächstgelegenen, ständig dienstbereiten Adresse, der Tierklinik Elversberg, 40 quälende Kilometer entfernt.
Doch die stille Fahrt durch die Nacht wurde zur letzten Reise dieses wundervollen Tieres. Etwa auf halber Strecke erbrach der Bussard, ein Zeichen innerer Zerstörung, und verstarb kurz darauf, an den Folgen seiner schweren Kopfverletzung. Er starb allein, in einer Box, auf der Flucht vor seinem Schicksal.
Wann stumpfen wir ab?
Wir fragen uns in solchen Momenten immer wieder: Wie kann ein Mensch so stumpf und egoistisch sein?
Einen Unfall bauen, ein Tier anfahren – das ist leider ein Risiko auf der Straße, keine Frage, es passiert. Aber es ist ein Verbrechen, ein Lebewesen hilflos liegen zu lassen! Egal ob es ein stolzer Greifvogel, eine geliebte Katze oder eine Ratte ist. Jedes Leben hat das Recht auf Würde und, wenn es schon sterben muss, das Recht auf eine Chance auf Hilfe. Ein einziger Anruf bei uns hätte genügt, um ihm diese Chance zu geben.
Heute war es ein Mäusebussard, der die Konsequenzen dieser Abstumpfung tragen musste. Was kommt als Nächstes? Wir hoffen inständig, dass die Menschheit nicht so weit sinkt, dass sie eines Tages auch einen Menschen überfährt und einfach liegen lässt, weil der eigene Aufwand wichtiger ist als das Leben anderer.
Bitte zeigen Sie Herz. Bitte rufen Sie an. Denn in der Dunkelheit sind wir Ihre Stimme für die, die keine haben.
Ruhe in Frieden, kleiner Krieger der Lüfte.